Depot

Hallstattzeit-Funde und ein vergilbter Zettel

Die Stadt bewahrt Relikte aus vergangenen Zeiten auf, die noch nicht reif fürs Museum sind, die dereinst aber bedeutend sein könnten

Memmingen   Büsten aus Gips, ein weißes Grabmal in Form eines Engels, alte Arbeitsgeräte aus Landwirtschaft und Handwerk sowie ein Uhrwerk, das vermutlich aus dem Martinsturm stammt: solche Relikte vergangener Tage fallen als erstes auf, als der Leiter des städtischen Kulturamtes, Dr. Hans-Wolfgang Bayer, die großen Stahltüren der Depot-Container der Stadt öffnet.


„Wir wollen diese Sachen nicht wegwerfen“, sagt Bayer. Daher bewahre die Stadt die Gegenstände auf, auch wenn sie noch nicht reif für das Museum seien. „Wir heben das alles auch für andere Generationen auf, denn wir können heute nicht entscheiden, was später einmal von Bedeutung ist.“ So müsse immer zwischen der heutigen Verwertbarkeit solcher Stücke und ihrem Erinnerungswert an vergangene Zeiten unterschieden werden.


Bayer kann sich auch vorstellen, dass auch Aussteller in anderen Städten einmal verschiedenste Sachen aus dem Memminger Depot gebrauchen könnten. Als Beispiel zeigt er ein etwa ein mal ein Meter großes, rundes Wappen aus Gussei- sen, das an der Metallwand des Containers lehnt.


„So ein protziges Wappen, das relativ aufwendig hergestellt wurde, ist doch viel eindrucksvoller als nur eine tolle Urkunde“, findet Hans-Wolfgang Bayer.


Früher gab es im Keller des Alten Schlachthofs ein Lager für alles, was Beamten und Angestellten der Stadt zu schade zum Verschrotten war.


Vor dem Abriss des Schlachthofs sortierten die Stadtbediensteten die Sammlung aus.


Weg kamen laut Bayer weniger museal interessante Gegenstände, sondern eher alte Requisiten der Memminger Meile. Was übrig blieb, kam in Container und wird jetzt an einem Ort aufgehoben, der öffentlich nicht bekannt werden soll.


 Mauerreste aus dem Mittelalter


Bayer sieht einen großen Vorteil im neuen Depot: In den Containern seien die Überbleibsel vergangener Zeiten auf jeden Fall besser konserviert als im Alten Schlachthof. Da sei sogar mal Wasser reingelaufen. Das große Uhrwerk beispielsweise, das jetzt in einem der Container liegt, sei deswegen leider sehr verrostet.


Auch Mauerreste liegen in den Containern. Laut Bayer stammen sie aus dem Hoch- und Frühmittelalter. „Da weiß keiner mehr, wo sie genau herkommen.“ Entsorgen will er sie aber trotzdem nicht, denn viele Menschen hätten sie schon über Jahrhunderte hinweg aufgehoben. „Ich will dann auch nicht derjenige sein, der sie wegwirft.“


Dann findet er einen Karton, in dem alte Tonscherben und Knochen liegen. Dabei liegt ein Zettel, auf dem vermerkt ist, dass es sich dabei um Funde aus der Hallstattzeit (siehe auch Info) handelt. Unterschrieben wurde der vergilbte und schwer zu entziffernde Zettel am 31. Mai 1960.


Die Anfänge der Sammlung sind nach Bayers Worten auf die Heimatpflege zurückzuführen, die es seit Ende des 19. Jahrhunderts gibt. Seither werden auch nicht-museumsreife Gegenstände für die Nachwelt aufgehoben.



Die Hallstattzeit


Die Hallstattzeit war eine Kulturperiode am Anfang der älteren Eisenzeit im Bereich der Hallstattkultur und benachbarter Gruppen. Die Hallstattzeit wird in mehrere Stufen unterteilt. Zur Hallstattzeit werden die Jahre von 1200 bis etwa 475 vor Christus gezählt.

Die Hallstattkultur ist nach einem großen Gräberfeld am Hallstätter See im Salzkammergut in Österreich benannt. Dort tauchten Anfang des 19. Jahrhunderts erstmals Funde aus dieser Epoche auf.

Die Hallstattzeit-Funde aus dem Memminger Depot wurden laut Hans-Wolfgang Bayer in Urlau, südlich von Leutkirch, entdeckt.




Erschienen am 19. Juli 2008 in der Memminger Zeitung